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Der heutige Tag der Architektur beflügelt für die Zukunft

24
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06
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2021

Weil der am heutigen 24. Juni bundesweit begangene „Tag der Architektur" auf den Johannistag, das christliche Hochfest der Geburt Johannes' des Täufers, fällt, liegt es auf der Hand, die besondere Verbindung zwischen Architektur und christlicher Religion bzw. der katholischen und evangelischen Kirche zu beleuchten. Aus gutem Grund tun wir dies am Beispiel des gotischen Ulmer Münsters (auch: Münster Unserer Lieben Frau in Ulm). Der erst 1890 vollendete 161,53 Meter hohe Turm ist bis heute der höchste (christliche) Kirchturm der Welt.

„Der Schneider von Ulm" und das Ulmer Münster (noch ohne erhöhten Turm) als Motiv einer alten Postkarte.

Doch nicht um diesen Weltrekord, sondern um die Baugeschichte des Ulmer Münsters soll es zunächst in aller Kürze gehen. Die knapp 10.000 Einwohner Ulms finanzierten den Bau der Kirche. Am 30. Juni 1377 (laut Inschrift auf dem Gründungsrelief im Münster) fand die Grundsteinlegung statt. Der Bauplan stammte von Meister Heinrich II. Parler, der auch erster Baumeister des Ulmer Münsters war. Es folgen noch zwei weitere Parlers als Baumeister. Die Parlers waren eine aus Schwäbisch Gmünd stammende Familie von Steinmetzen, Bildhauern und Baumeistern, die im 14. Jahrhundert bedeutende Werke gotischer Kunst und Architektur in ganz Europa erschufen oder mitgestalteten, darunter u.a. das Heilig-Kreuz-Münster von Schwäbisch Gmünd, Veitsdom und Karlsbrücke in Prag, St. Sebaldus in Nürnberg sowie die Münsterkirchen von Straßburg, Freiburg und Basel. Unter dem vierten Baumeister, Ulrich von Ensingen (auch Baumeister des Straßburger Münsters), wird am 25. Juli 1405 das Ulmer Münster geweiht. Ulrich von Einsingen träumte bereits von einem über 150 Meter hohen Hauptturm. Doch 1543 – Ulm und damit auch das Münster waren inzwischen evangelisch geworden – werden die Bauarbeiten am Ulmer Münster für über 300 Jahre eingestellt. Der Hauptturm hatte damals lediglich eine Höhe von rund 100 Metern. Erst 1885 wurde mit der Vollendung des Haupt- bzw. Westturms begonnen. Die Leitung für diesen Bauabschnitt hatte der Stuttgarter Architekt August von Beyer. Der Hauptturm wurde dabei gegenüber den ursprünglichen Plänen um zehn Meter erhöht; womöglich damit der Turm mit etwas über 161 Metern den Kölner Dom (157 Meter) überragt. Am 28. Juni 1890 wurde die Fertigstellung mit einem Festakt gefeiert. Soweit in aller Kürze die Baugeschichte des Ulmer Münsters.

Einer flog vom Münsterturm – oder doch nicht?

Doch was hat das mit dem heutigen „Tag der Architektur" zu tun? Dieser steht unter dem Motto „Architektur gestaltet Zukunft“. Und das Ulmer Münster, mit dessen Entstehung nicht nur die Legende vom „Ulmer Spatz" (der Sage nach soll ein Spatz den Ulmern beim Bau Ihres Münsters vorgemacht haben, wie man einen großen Balken durchs Stadttor bringt: längs statt quer) verbunden ist, hat – oder vielmehr hätte es beinahe – als architektonisches Meisterwerk Zukunftsgeschichte geschrieben. Es geht um die tragische Geschichte von Albrecht Ludwig Berblinger, geboren am heutigen 24. Juni (!) vor 251 Jahren, in Ulm. Kennen Sie nicht? Doch bestimmt! Er ging in die Geschichtsbücher ein als „der Schneider von Ulm". Ja, jener Erfinder des Hängegleiters, mit dem er verfolgt von Hohn und Spott in der Donau unfreiwilig baden ging. Doch der Reihe nach: Schneidermeister Berblinger, der unter anderem die weltweit erste Beinprothese mit Gelenk erfunden hat, war fasziniert vom Gleitflug. Jahrelang baute und verbesserte Berblinger seinen Flugapparat und beobachtete den Flug von Eulen. Die Leute spotteten über ihn. Man drohte damit, ihn aus der Zunft zu werfen und ließ ihn eine hohe Strafe zahlen für sein Werken außerhalb der Zunft. Trotzdem baute er, unter Einsatz seiner gesamten Einnahmen, weiterhin an seinem Fluggerät. Seine Flugversuche führte er heimlich durch. Weil die einstige Freie Reichsstadt Ulm nach einem bayerischen Intermezzo (1802-1810) württembergisch geworden (und dabei seiner jenseits der Donau liegenden Gebiete, dem heutigen Neu-Ulm (Bayern), verlustig gegangen) war, besuchte König Friedrich Wilhelm Karl von Württemberg zusammen mit seinen Söhnen und dem bayerischen Kronprinzen 1811 Ulm. Aus diesem Anlass sollte Berblinger die Flugtauglichkeit seines Gerätes beweisen. Eigentlich wollte Berblinger – Sie ahnen es – vom Hauptturm des Ulmer Münsters starten, dessen Höhe zu diesem Zeitpunkt noch bei rund 100 Metern lag. Doch die Ulmer Ratsherren lehnten Berblingers Vorschlag ab. Sie trauten seinen Flugkünsten nicht und verlangten deshalb den Start von der 13 Meter hohen Mauer der Adlerbastei an der Donau. Weil der Wind ungünstig war, verschob Berlinger den Start um einen Tag; doch tags darauf war der Wind nicht günstiger. Doch der öffentliche Druck war zu groß; Berblinger musste es versuchen – und scheiterte trotz einer auf 20 Meter erhöhten Rampe. Die Fallwinde und der Start mit Rückenwind bescherten dem Traum vom Fliegen ein jähes Ende. Bereitstehende Fischer retteten ihn nach dem Absturz unter dem Gejohle der vielen Zuschauer aus den Fluten der Donau. Der Absturz mit seinem Flugapparat war auch mit einem sozialen Absturz verbunden. Man bezeichnete ihn nun als Lügner und Betrüger, was zur Folge hatte, dass auch die Kunden seiner Schneiderwerkstatt ausblieben. Mit 58 Jahren starb er im Hospital völlig verarmt und mittellos an Auszehrung. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Flugtauglichkeit von Berlingers Flugapparat bewiesen, wurde „der Schneider von Ulm" rehablitiert. Im ersten Corona-Jahr 2020 feierte Ulm den 250. Geburtstag ihres nebst Albert Einstein sowie den Geschwister Scholl berühmtesten Sohn. Am Ulmer Donauufer, an der Adlerbastei, wurde ein 20 Meter Aussichtsturm in Gestalt einer Wendeltreppe eröffnet. Ein Projekt des Münchner Künstlerduos Johannes Brunner und Raimund Ritz. Und was lehrt uns die Geschichte? Ja, Architektur beflügelt. Architektur gestaltet Zukunft! Deshalb an dieser Stelle ein ganz dickes Dankeschön an alle Architekten, aber auch an alle anderen Bauplaner ((Bau-) Ingenieure, Beratende Ingenieure, Vermessungsingenieure, usw.): Ohne Baukultur würde uns allen etwas fehlen. In der Gegenwart. Und in der Zukunft. Danke!

„Architektur und Stadtplanung überdauern Generationen. Mit räumlicher Gestaltung geht deshalb eine große gesellschaftliche Verantwortung einher. Die Orte, an denen wir wohnen, arbeiten, lernen, reisen oder unsere Freizeit verbringen, prägen uns.“
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer

Unter dem bundesweiten Motto „Architektur gestaltet Zukunft“ führen die Landesarchitektenkammern rund um den heutigen 26. Juni den „Tag der Architektur" durch. Virtuelle Touren, Besichtigungen oder Podcasts: Die Architektenkammern der Länder haben wieder ein vielseitiges Programm zusammengestellt. Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen laden dazu ein, um anhand ihrer Arbeiten und Projekte einem breiten Publikum den Wert guter Planung und Gestaltung zu verdeutlichen. Der Tag der Architektur bietet traditionell die einzigartige Möglichkeit, öffentliche und private Orte und Räume – virtuell oder analog – zu entdecken sowie die Geschichten, Ideen, Macherinnen und Macher rund um Architektur, Landschaftsarchitektur, Innenarchitektur und Stadtplanung kennenzulernen. „Architektur und Stadtplanung überdauern Generationen. Mit räumlicher Gestaltung geht deshalb eine große gesellschaftliche Verantwortung einher. Die Orte, an denen wir wohnen, arbeiten, lernen, reisen oder unsere Freizeit verbringen, prägen uns,“ so Andrea Gebhard, neue Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Wir alle wünschen uns auch in Zukunft Quartiere, Freiflächen, Architekturen und Räume von bestmöglicher Aufenthalts- und Ausdrucksqualität. Die nachhaltige und zukunftsfähige Beziehung zwischen Umwelt, Mensch und Raum muss im Mittelpunkt stehen. Bauen ist immer auch Gesellschaftsgestaltung.“ Hinweise zum umfangreichen und vielseitigen Programm sowie zu analogen wie digitalen Formaten der 16 Länderkammern finden Sie auf der Website https://www.tag-der-architektur.de/programm

(Frei-)Räume und Architektouren

Weil unsere Geschichte an der Schnittstelle zwischen Baden-Württemberg und Bayern, in Ulm, spielt, sei an dieser Stelle noch gesondert auf die Angebote der Architektenkammern Baden-Württemberg und Bayern hingewiesen. Die Architektenkammer Baden-Württemberg lenkt den Blick insbesondere auf die öffentlichen (Frei-)Räume und damit auf die Arbeit von Landschaftsarchitektinnen und Landschaftsarchitekten, Stadtplanerinnen und Stadtplanern. Das Motto 2021 „Architektur gestaltet Zukunft“ greift auf, was viele Bürgerinnen und Bürger selbst erfahren haben durch Homeoffice und Lockdown: Nicht nur das direkte Wohnumfeld beeinflusst das eigene Leben, vielmehr machen die Plätze, Parks sowie der halböffentliche Raum vor Gebäuden den Unterschied. Frei zugängliche Flächen in Stadt und Land stehen für demokratische Teilhabe. Alle Interessierten sind eingeladen, solche Orte unter fachkundiger Begleitung der Architektenschaft zu erkunden. Auf dem Programm stehen aber auch zahlreiche Gebäude, die sich etwa durch eine gelungene Umnutzung, einen exemplarischen Einsatz des Baustoffs Holz oder ein zukunftsfähiges Energiekonzept auszeichnen. Mehr unter https://www.akbw.de/baukultur/26-tag-der-architektur-2021.html Und die Bayerische Architektenkammer bietet heuer nochmals rein virtuelle Architektouren. Mehr unter https://www.byak.de/aktuelles/newsdetail/architektouren-2021-1.html

Ein Glossar mit Schlüsselbegriffen der Architektur

Noch ein Tipp: ein Glossar mit Schlüsselbegriffen aus der Welt von Architektur und Stadtplanung. Die Architektenkammer Baden-Württemberg hat für bauinteressierte Laien eine Sammlung von wichtigen Fachausdrücken erstellt, jeweils kurz und verständlich erklärt und mit konkreten Beispielen illustriert. Ob „Graue Energie", die „Europäische Stadt" oder „Bodenpolitik" – der kleine, handliche Band gibt nicht nur wichtige Informationen zu einzelnen Schlagwörtern, sondern in ihrer Summe auch einen Überblick über die aktuellen Themen, mit denen sich die Planungs- und Baubranche derzeit beschäftigt. Mit dem Glossar werden Bürgerinnen und Bürger befähigt, mitzudiskutieren und sich einzubringen, wenn vor Ort Projekte und Planungen für den städtischen Raum anstehen. Das Glosar online durchblättern unter
www.akbw.de/link/19mw oder als pdf herunterladen unter www.akbw.de/Architektur-Glossar.pdf

„Bischof, ich kann fliegen / Sagte der Schneider zum Bischof."

Abschließend: „Der Schneider von Ulm hat's Fliegen probiert, da hat ihn der Teufel in d'Donau nei'gführt.“ So der Spott der Leute. Doch wer weiß: Wenn Albrecht Ludwig Berblinger wie ursprünglich geplant (und wie von Bertolt Brecht in seinem Gedicht „Der Schneider von Ulm" verewigt) vom Turm des Ulmer Münsters geflogen wäre, vielleicht hätte es geklappt. In Ulm, um Ulm und um Ulm herum weiß man jedenfalls: Baukultur beflügelt und Architektur gestaltet Zukunft. Und „Ulmer Geld regiert die Welt“. Das ist heutzutage in Ulm nicht anders wie anderswo. Damit auch künftig Architekten, (Bau-) Ingenieure, Beratende Ingenieure, Vermessungsingenieure und andere Bauplaner befreit von Existenzängsten werthaltige Baukultur schaffen können, bedarf es einer angemessenen und weitgehenden (beruflichen) Risikoabsicherung. Die pisa Versicherungsmakler GmbH als unabhängiger Fachversicherungsmakler für die Bauplanungsbranche, mit Hauptsitz im bayerischen Schondorf (Ammersee) und Niederlassung im baden-württembergischen Ballungsraum Stuttgart, ist der kompetente Ansprechpartner dafür. Damit Sie als Architekt, als (Bau-) Ingenieur oder sonstiger Bauplaner losgelöst von finanziellen Risikoängsten befreit, beflügelt sind für ihre Arbeit: die Schaffung werthaltiger Baukultur. In diesem Sinne einen schönen „Tag der Architektur" am Johannistag 2021, zugleich dem 251. Geburtstag des „Schneiders von Ulm".

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